MSV-Altstars halten zusammen:„Das gibt es Nirgendwo in Deutschland“ |
Sie haben „Goldene Zeiten“ erlebt, die 60er- und 70er-Jahre der Fußball-Bundesliga. Zweimal stand der MSV mit ihnen im Pokalfinale, 1966 gegen die Bayern (2:4) und 1975 gegen Eintracht Frankfurt (0:1). Dazu das UEFA-Pokal-Halbfinale 1978/79 gegen Borussia Mönchengladbach.
Drei Nationalspieler des MSV kommen regelmäßig zum Treffen: Bernard Dietz, Hartmut Heidemann und Michael Bella. Letzterer initiierte das Treffen zusammen mit Günter Preuß, vor rund 20 Jahren. Bernard Dietz, der als Kapitän der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft 1980 Europameister wurde, fehlt höchstens dann einmal, wenn er in Urlaub ist.
Der beste MSV-Spieler aller Zeiten: Legende Bernard Dietz (rechts) mit dem Initiator des Treffens, Günter Preuß.
„Wir hatten gegen Frankfurt sehr viel Pech, trafen Latte und Pfosten. Beim Tor der Frankfurter rutschte unser Torwart Dietmar Linders aus“, erinnert sich „Ennatz“ an die Höhepunkte der Vereinsgeschichte.
Leider kann „Pitter“ Danzberg (heute 74) inzwischen krankheitsbedingt nicht mehr zum Treffen kommen. Er schoss 1963 in der Oberliga West in letzter Sekunde gegen Hamborn 07 das Siegtor zum 2:1. Am Montag darauf erhielt der MSV die telegrafische Bestätigung „In die Bundesliga aufgenommen.“
Auch kurz zuvor hatte er zwei Mal gegen Viktoria Köln getroffen. „Ohne meine Tore wären wir wohl in der Versenkung verschwunden wie beispielsweise Eintracht Duisburg“, meinte er mal nicht ohne Stolz.
3000 Bundesligaspiele
„Um die 3000 Bundesligaspiele“, schätzt Detlef Pirsig (69), haben die Altstars an der Westender Straße auf den Buckel. Legendär auch „Lulu“ Nolden, der 15 Elfmeter schoss – und alle verwandelte.
Michael Bella kann nicht genau sagen, ob denn die 60er- oder 70er-Jahre schöner waren. „Ronnie“ Worm, der oft aus Braunschweig anreist, sieht mehr noch die 60er-Jahre als eine Zeit, wo noch nicht das Geld im Vordergrund stand.
Heinz van Haaren, 1964 bis 1968 beim MSV am Ball wurde als Neuzugang – aus Marl-Hüls stammend – gleich wie eine „Alter Hase“ aufgenommen. Obwohl die gebürtigen Meidericher eigentlich zusammen hielten.
Doch auch der aus Leverkusen stammende „Toni“ Burghardt wurde gleich „gut aufgenommen“, wie er erzählt. Obwohl er vorher für Saarbrücken in der Regionalliga Südwest spielte, wurde er sofort Stammspieler. Zwei Jahre spielte er durch, ehe ihn eine Verletzung zurück warf. 14 Tore in 15 Spielen.
Apropos Verletzung: Rüdiger Mielke verpasste es, ein „Star'“ zu werden. Er erzielte in 15 Spielen 14 Tore und das 1:0 im verlorenen Pokalfinale gegen die Bayern. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm der legendäre 9:0-Auswärtssieg gegen Tasmania Berlin und ein Spiel zusammen mit Helmuth Rahn.
Riesenpech für Rüdiger Mielke
Doch ausgerechnet in einem Freundschaftsspiel verletzte er sich so schwer, dass er Sportinvalide wurde. Ein Comeback-Versuch bei den Amateuren von Wattenscheid 09 scheiterte. Doch dafür machte er Karriere in der Textil-Firma des verstorbenen Wattenscheider Sponsors Klaus Steilmann, wurde Mitglied der Geschäftsführung. Auch wenn ihm heute noch mal ab und zu das verletzte Bein behindert, ist er jetzt mit 70 ein „positiver“ Rentner. Willibert Kremer, Michael Bella und Rüdiger Mielke.
Fußball – statt Computerspiel
Genau wie der heute 66-jährige Bernard Dietz, der zusammen mit seinem Sohn eine Fußballschule für Kinder leitet, die in ganz NRW unterwegs ist. „Wir wollen den Nachwuchs wieder auf den Fußballplatz weg von den Computerspielen bringen“, ist seine Zielsetzung. Detlef Pirsig – auch „Eisenfuß“ genannt – und Günter Preuß waren nicht nur Spieler, sondern auch Trainer und Manager beim MSV.
Fachsimpeln über alte Zeiten: MSV-Ex-Nationalspieler Michael Bella (in der Mitte) mit Willibert Kremer (links) und Rüdiger Mielke.
Auch Michael Bella ist als Unternehmer einer Metallbau-Firma zusammen mit seinem Bruder Herbert erfolgreich. „Toni“ Burghardt studierte parallel zur Profi-Karriere Sport und unterrichtete nach dem Training im Meidericher Theodor-Heuss-Gymnasium. Unterdessen machten seine Mannschaftskameraden Pause. „Ich habe immer an das Morgen gedacht“, sagt er.
Etwas skeptisch sehen die erfolgsverwöhnten „Oldies“ auch die heutige Zeit. Denn eines ist klar: In 40 Jahren wird von den heutigen Spielern niemand mehr an die Westender Straße kommen.
Der Initiator des Treffens, Günter Preuß, vor Autogrammjägern (links); rechts „Pille“ Gecks und Willibert Kremer beim Kramen in Erinnerungen.
Podcast |
„Pille“ Gecks trickste das leere Tor aus…
Ein begnadeter Fußballspieler war der gebürtige Meidericher Horst Gecks. Dennoch wurde er nie Nationalspieler. Weil er eine seltsame Angewohnheit hatte: Wenn er vor dem leeren Tor stand, zog er es vor, noch einmal zu dribbeln – statt zu schießen…
Horst Gecks
Beitrag und Foto: Dietmar Alexy
(Ein Podcast von TV Rekord)
„Pitter“ Danzberg ist eine Fußball-Legende:Sein Foul startete Beckenbauers Karriere |
Zugegeben, die ganz große Karriere hat der heute 70-jährige nicht gemacht. Immerhin kam er aber auf 17 Bundesliga-Einsätze in 3 Jahren und auf einen Treffer – per Kopfstoß am 20. März 1965 beim 1:1 gegen Hertha BSC.
Und doch ist er eine Fußball-Legende: Ohne „Pitter“ würde der MSV vielleicht heute wie Hamborn 07 in der Landesliga oder gar wie Eintracht Duisburg in der Kreisliga B spielen.
Zahlreiche Erinnerungen sammelt „Pitter“: An seine Zeiten beim MSV oder Bayern München ebenso wie daran, dass er das Film-Team vom Wunder vom Bern trainierte.
Denn er erzielte 1963 am vorletzen Spieltag der Oberliga West in der letzten Minute den Siegtreffer gegen Hamborn 07. Danzberg traf mit einem Schuss in den Winkel. Die Meidericher unter den 15 000 Zuschauer hatten „Pitter, Pitter“ gerufen. Denn bereits im Spiel zuvor war dem Vorstopper gegen Viktoria Köln das gleiche Kunststück gelungen und erzielte damit sogar zwei Tore. Am Montag nach dem Derby traf der Brief vom DFB ein: Der Meidericher SV ist in die neu gegründete Fußball-Bundesliga aufgenommen worden.
In der ersten Saison wurde er dann unter Trainer Rudi Gutendorf mit seinem „Rollsystem“ Vizemeister der Bundesliga. Ein Highlight war sicher auch das 1:1 im Freundschaftsspiel gegen die spanische Nationalmannschaft vor 45 000 Zuschauern in Sevilla. Ebenso wie das gleiche Ergebnis gegen den ruhmreichen FC Barcelona.
Sie wurden Freunde: „Pitter“ Danzberg und Franz Beckenbauer.
Im Jahre 1965 nahm er dann ein Angebot vom damaligen Bundesliga-Aufsteiger FC Bayern München an und schrieb erneut Fußball-Geschichte – allerdings unfreiwillig. Am ersten Spieltag im Lokalderby „vor gut 50 000 “ an der Grünwalder Straße erhielt er kurz vor Schluss nach einem Foul an „Timo“ Konietzka die rote Karte.
Denn der privat umgängliche Danzberg wurde auf dem Platz oftmals zum „Tier“. So musste er die nächsten Wochen zusehen. Ein Ersatzspieler nahm seine Position in der Abwehr ein. Er hieß – Franz Beckenbauer und startete damit seine Weltkarriere. „Auch heute noch telefoniere ich regelmäßig mit meinem Freund Franz“, erzählt er nicht ohne Stolz. „Erst kürzlich habe ich von ihm einen Brief mit Autogrammkarten zugeschickt bekommen“.
Neben zahllosen weiteren Fußball-Prominenten wie Stan Matthews, Fritz Walter, Helmut Schön, Otto Rehhagel oder Uli Hoeneß sind auch die Boxer Max Schmeling und Muhammad Ali – noch unter seinem früheren Namen Cassius Clay – bei ihm verewigt. Ebenso wie übrigens der damalige Bundeskanzler Willy Brandt, den er ebenfalls persönlich kennen lernte.
Auch Muhammad Ali bei ihm verewigt
Nach seiner Zeit bei den Bayern wechselte Danzberg dann noch zu Rot-Weiß Oberhausen in die Regionalliga West und stieg in die Bundesliga auf. Schöne Erinnerungen verbindet er auch mit seiner Zeit beim Freiburger FC, der damals besser war als der Lokalrivale SC Freiburg. Nach Ende seiner aktiven Laufbahn trainierte er dann Amateurvereine wie Sterkrade 06/07, Hammer SV und den SV Wesel.
Allerdings nur nebenher, denn hauptberuflich arbeitete er als Sportlehrer nach seinem Studium an der Sporthochschule Köln am städtischen Kolleg in Duisburg-Hamborn. In dieser Schule waren vor allem „sozial auffällige“ Jugendliche. „Obwohl einige von ihnen im Gefängnis gesessen hatten, waren sie zu mir immer korrekt“, sagt er. Nicht zuletzt wohl wegen seiner Vergangenheit in der Bundesliga.
Auch der „Bomber der Nation“ Gerd Müller gratulierte zum Geburtstag und erinnerte an „gemeinsame Zeiten“.
„Viele kamen aus zerütteten Familien, hatten manchmal nicht mal morgens etwas zum Frühstück bekommen“, berichtet er. Umso schöner, dass zumindest einige den Sprung in eine sichere Zukunft schafften.
Auch beim MSV wurde er aktiv, organisierte unter anderem ein Benefizspiel und arbeitete mit fast 70 Jahren noch als Fan-Beauftragter. Für seine Aktivitäten erhielt er 1990 das Bundesverdienstkreuz.