Das traurige Schicksal des Duisburger Spielvereins:Als Deutscher Vizemeister
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Abgestürzte Fußball-Traditionsvereine gibt es viele im Ruhrgebiet. Doch keinen hat es so schlimm erwischt wie Eintracht Duisburg. Als Duisburger Spielverein wurden sie der „Altmeister“ genannt, weil sie so oft wie keine andere Mannschaft in die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft kamen. 1913 wurden sie Vizemeister, 1957 verpassten sie nur um einen Punkt das Finale. Die Realität heute: Kreisliga B, 2. Liga von unten.
von Dietmar Alexy
Im Jahre 1900 gründete der späteren DFB-Präsident Gottfried Hinz den Vorgängerverein Duisburger SV. Von 1910 bis 1929 setzte der DSV mit seinen sieben Nationalspielern die sportlichen Akzente. 1913 verlor er das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft gegen den VfB Leipzig mit 3:1. Nur 5 000 Zuschauer waren zum Finale auf den Platz des MTV München gekommen. Der VfB Leipzig zog bis auf 3:0 davon, erst in der 75. Minute erzielte Heinrich Fischer das 1:3.
1913 Deutscher Vizemeister
Elfmal gewann der Spielverein vor dem Krieg die Westdeutsche Meisterschaft und spielte nach 1945 sogar in der damaligen höchsten Deutschen Liga, der Oberliga West. 1957 fehlte in der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft nur ein Punkt zum Hamburger SV, der ins Endspiel einzog. Nur sechs Minuten hatten bis zum zweiten Finale gefehlt. Erst in der 84. Minute erzielte der 1. FC Nürnberg im Gruppenspiel vor 22 000 Zuschauern in Ludwigshafen den 2:2-Ausgleich. Zwischen 1947 und 1963 spielte der Verein viele Jahre in der Oberliga West. Bis zu 30 000 Zuschauer kamen ins Wedau-Stadion, wenn Borussia Dortmund, Schalke 04 oder der Meidericher SV die Gegner waren. Immerhin 12 000 Zuschauer im Schnitt insgesamt.
30 000 Zuschauer kamen 1956 zum Lokalderby ins Wedau-Stadion und waren überrascht, dass dem Meidericher SV ein 2:2-Remis glückte. Hier der DSV-er Paul Josten (links) gegen Hansi Krämer vom MSV.
Foto: Archiv
Zum Schicksalsjahr des Vereins wurde 1963. Trotz seiner großen Tradition bekam der bei weitem nicht so erfolgreiche Meidericher SV den Vorzug und wurde in die neue Bundesliga aufgenommen. „Was bei den vielen Fans zur Unverständnis hervor rief“, so der frühere stellvertretende Vorsitzende des Gesamtvereins, Siegfried Hartmann.
Doch ausgerechnet ein Jahr vor Gründung der Bundesliga war der „Altmeister“ aus der Oberliga West abgestiegen. Dem Duisburger SV blieb nur der Platz in der zweithöchsten Liga, der Regionalliga West, die bald sehr im Schatten der Bundesliga stehen sollte. Nach dem neunten Platz im ersten Jahr wollte der Verein durch eine Fusion mit einem anderen Traditionsverein nach oben.
Die Rede ist vom TuS Duisburg 48/99, aus dem der legendäre „Fußballgott“ Toni Turek sowie drei weitere Nationalspieler der 1930er-Jahre hervorgegangen waren. Er war in diesem Jahr gerade aus der Regionalliga abgestiegen. Der neue Verein trug dann den heutigen Namen „Eintracht Duisburg 48“ und ist nun einer der ältesten Sportvereine der Bundesrepublik. Doch die Fusion sollte eine verheerende Entscheidung sein. Denn bei der Eintracht herrschte danach Zwietracht.
Viele alte Mitglieder des Duisburger Spielvereins trauerten der nun aufgelösten Tradition nach und waren auch traurig über den Wechsel der Spielstätte. Sie verließen den Verein und gingen zum Duisburger SC 1900. Auch durch den Namenswechsel 1971 in Duisburger SV 1900 sollte die alte Tradition des Spielvereins weiter geführt werden. Ein Vorhaben, das jämmerlich scheiterte.
1957 scheiterte der Spielverein am Hamburger SV. Hier DSV-Nationalspieler Willi Koll (rechts) im Zweikampf mit Uwe Seeler.
Foto: Archiv
Noch drei Jahre hielt sich die neue Eintracht in der Regionalliga, brachte durch gute Jugendarbeit die späteren Nationalspieler Rainer Hollmann, Friedhelm Haebermann, Rainer Geye, Rudi Seliger und Werner Schneider hervor. 1967 stieg der Verein dann in die Verbandsliga ab, aber sofort wieder auf. Nach nur einem weiteren Jahr in der Regionalliga war 1969 dann endgültig die große Zeit des Vereins vorbei.
Eine Legende des Duisburger Spielvereins: Hennes Hoffmann, erst Spieler, dann Trainer.
Foto: Archiv
Ein jeher Abstieg bis in die Kreisliga A sollte folgen. Ein kleines Zwischenhoch brachte noch einmal zwischen 1986 und 1991 Hoffnung: Der Verein stieg zwei Mal hintereinander bis in die Landesliga auf, aber ebenso schnell wieder ab. „Die damaligen Sponsoren waren mit dem Erreichten nicht zufrieden, sie hatten sich mehr erhofft“, so Siegfried Hartmann.
Schnell verließen sie die Eintracht wieder. Im Jahre 2002 ging der Verein immerhin als Aufstiegsfavorit in der Kreisliga A an den Start. Doch stattdessen stieg er ab. Seit vielen Jahren kickt die Eintracht nun in der Kreisliga B – nach einem „Abstecher“ sogar in die C-Liga. Der größte Duisburger Traditionsverein überhaupt ist auf seinem Tiefpunkt angekommen.
Diese DSV-Mannschaft erreichte 1913 das Finale um die Deutsche Meisterschaft: Sebastian Quatram, Heinz Ludewig, Willi Schütten, Kornelius Büscher, Hermann Klinkers, Heinrich Fischer, Otto Bruckschen, Adam Schäfer, Walter Fischer, Hermann Steinhauer, Anton Bongartz.
Foto: Archiv
Diashow |
Der Duisburger Spielverein in der Oberliga West
Fotos: Archiv
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